Wenn man sich (nicht) sicher fühlen kann – Beispielsitzung
Thema der Sitzung
Timo ist vor 10 Jahren von hinten überfallen und dabei verletzt worden. In der Öffentlichkeit zu sein, ist heute eine Herausforderung für ihn. In der heutigen Sitzung geht es um das U-Bahn-Fahren. Wenn er in der U-Bahn ist, stellt er sich sofort mit dem Rücken zur Wand, um sich sicher zu fühlen. Sein Körper wird dann automatisch insgesamt fest, sein ganzes System ist auf sofortige Verteidigung ausgerichtet und er guckt grimmig: „Kommt mir bloß nicht zu nahe!“, sagt sein Blick, so sehr, dass andere Menschen in der Bahn sich lieber von ihm entfernen. Er hat die ganze Zeit Angst. Danach ist er immer völlig erschöpft, sowohl körperlich als auch von der nervlichen Anspannung.
Verlauf der Sitzung
Anfangs arbeiten wir damit, dass Timos Muskeln insgesamt wieder lernen, lockerer zu werden. Danach bitte ich ihn, sich hinzustellen und so gut wie möglich die Muskeln bewusst zu entspannen. Dann soll er sich vorstellen, in der U-Bahn zu stehen und weich weiter atmen. Gleichzeitig weiß er, dass er in Wirklichkeit in Sicherheit ist. Er sieht die Menschen um sich herum und jede und jeder, vor allem jeder Mann, ist für ihn darauf reduziert, ein potentieller Täter zu sein. Ich bitte ihn, alle Gefühle zu erlauben, die Aufregung und die Möglichkeit sich zu verteidigen. Die Muskeln wollen gleich wieder anspannen und ich helfe ihm, sie immer wieder zu entspannen. So kann die enorme Energie in seinem Körper anfangen, zu fließen, und sein System kann damit arbeiten.
Timo macht das nicht das erste Mal und ist inzwischen ziemlich gut darin. Ich bitte ihn, die Situation und die Menschen zu scannen, ob gerade eine wirkliche Gefahr besteht. (Das macht er sowieso die ganze Zeit, aber sonst in Anspannung.) Nach einer Weile sagt er, dass er jetzt langsam merken kann, dass die momentane Situation ungefährlich ist und er auch die Menschen wieder als Menschen mit ihrer individuellen Art wahr nehmen kann. Seine Gesichtszüge können nun entspannen. Ich bitte ihn, eine ganze Weile dabei zu bleiben und immer wieder zu spüren: „Ah, jetzt gerade ist es völlig ungefährlich“, damit dieses Gefühl wirklich einsinken kann.
Timos Körper ist nun ein Bollwerk an Energie und braucht einige Zeit, sie zu integrieren. Diese Energie fühlt sich für mich und für ihn allerdings komplett anders an als am Anfang, als sie geballt und unbeweglich war. Nun ist sie lebendig. Es geht Timo gut und er ist viel beweglicher. Sein Körper ist nun kein Schutzpanzer mehr, sondern viel geschmeidiger. Seine Erleichterung ist groß.
Er lässt sich auf diese vorgestellte Situation dann einige Male alleine zuhause ein und lässt jedes Mal seine Gefühle durchrauschen, bis sie langsam weniger werden. Dann setzt er seine Tools Stück für Stück beim U-Bahn-fahren ein, bis es ihm richtig gut gelingt. Dabei bleibt er die ganze Zeit hoch aufmerksam und muskulär entspannt, so gut es geht. Bald ist U-Bahn-Fahren nichts Besonderes mehr für ihn.
Nach einiger Zeit berichtet Timo mir von einer unangenehmen Situation in der U-Bahn mit einem jungen Mann. Er habe ihn aber schnell durchschaut und konnte deshalb ziemlich ruhig bleiben. Eine alte Frau hat sich auf der Flucht vor dem jungen Mann zu ihm gesetzt hat. Beim Aussteigen strahlt sie ihn an und dankt ihm, weil sie sich neben ihm so ruhig und sicher fühlen konnte. Wir freuen uns beide enorm über diese Geschichte!
Hinweis: Die hier geteilten Berichte über vergangene Sitzungen dienen ausschließlich der Veranschaulichung meiner Arbeitsweise und der Vielfalt körperorientierter Therapieansätze (wie Grinberg Methode, Pantarei Approach, ThetaFloating oder EMDR).
Kein Ersatz für ein persönliches Gespräch: Diese Beispiele können und sollen ein persönliches Kennenlernen und eine individuelle Beratung nicht ersetzen.
Anonymität und Diskretion: Die dargestellten Situationen basieren auf realen Erfahrungen, wurden jedoch zum Schutz der Privatsphäre vollständig anonymisiert. Alle Namen sind fiktiv.
Individuelle Prozesse: Bitte beachte, dass jeder Mensch einzigartig ist und jeder therapeutische Prozess anders verläuft. Ein Ergebnis aus einem Beispiel ist keine Garantie für Deinen eigenen Weg.
Fokus auf den Prozess: Die Berichte spiegeln meine professionelle Perspektive und Rekapitulation der Sitzung wider, um Dir einen Einblick in die Möglichkeiten zu geben, wie wir gemeinsam an diesen Themen arbeiten können. Die Berichte sind keine geteilten Klient:innenerfahrungen (Testimonials).
Ich lade Dich ein, dies als Inspiration und Einladung zu sehen, mehr über die Kraft der Körperorientierten Psychotherapie und des Coachings zu erfahren.